Nur eine Bitte (Psalm 27)
Gottesdienst am 22.11.2020 in Brombach

Liebe Gemeinde,
in den letzten Wochen hatten wir in der Gemeinde miteinander ein Buch von Adam Hamilton gelesen, „Gegen die Angst“ ist der Titel. In 31 Kapiteln werden Geschichten und Abschnitte der Bibel beleuchtet und mit dem Leben hier und heute zusammengebracht. Es sind Mutmachgeschichten für raue Zeiten.

Eines der Kapitel handelte von Psalm 27, einem Gebet, das David zugeordnet wird. Ich bin mit diesem Psalm eine Weile unterwegs geblieben und habe erlebt, wie die Worte in unser Leben sprechen.

Psalm 27,1-5+10-11
Der HERR ist mein Licht und mein Glück. Vor wem sollte ich mich fürchten? Der HERR ist der Schutz meines Lebens. Vor wem sollte ich erschrecken? Böswillige Leute machten sich an mich heran, um mich mit Haut und Haar zu verschlingen. Es waren meine Gegner und meine Feinde, doch sie mussten scheitern und stürzen. Auch wenn ein Heer mich belagern sollte, bleibt mein Herz ganz ohne Furcht! Auch wenn ein Krieg gegen mich ausbrechen sollte, halte ich trotzdem an meinem Vertrauen fest. Ich hatte eine einzige Bitte an den HERRN! Nichts anderes wünsche ich mir: Ich möchte im Haus des HERRN sein alle Tage meines Lebens. Ich möchte die Schönheit des Herrn schauen und sie im Inneren seines Tempels betrachten. Denn er bewahrt mich in seiner Hütte am Tag, an dem mir Unheil droht. Er bietet mir Schutz unterm Dach seines Zeltes, er hebt mich hoch auf einen sicheren Felsen. - Vater und Mutter haben mich verlassen. Doch der HERR steht fest an meiner Seite. Zeige mir, HERR, deinen Weg und führe mich geradlinig durchs Leben!

David spricht verschiedene Ängste an, die nicht nur ihn damals als jungen Mann auf der Flucht vor Saul überfielen, sondern auch uns nicht unbekannt sein werden.

„Ich bin überfordert“
Ein Traum wäre es doch, unsere Ängste schon im Ansatz zu besiegen. Da ist eine Besprechung, die mir schon im Vorfeld quer im Magen liegt. Statt mich davor zu fürchten, ginge ich mit Zuversicht in das Treffen und wäre mir sicher, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen.

Da ist ein Gespräch unter vier Augen. Ich erwarte Angriffe und gehe in Verteidigungsposition. Ohne Furcht im Nacken würde ich gespannt sein, wie wir unser Miteinander verbessern können, hätte keine Vorbehalte und könnte konstruktiv Konflikte aufklären.

Da steht eine ärztliche Untersuchung bevor. Ohne diese Angst würde ich auch da sicher sein, dass Gott mich nicht fallen lässt. Und letztlich kann mir ja nichts Schlimmeres passieren, als dass meine Zeit auf dieser Erde zu Ende geht und Gottes neue Welt auf mich wartet.

Gegen die Angst ruft David aus: „Der Herr ist mein Licht, mein Glück und mein Schutz.“ Die Probleme und Ängste sind da, aber sie werden durchscheinend. Dahinter wird Jesus sichtbar, der mit offenen Armen auffängt. Der Besprechungsraum, in dem ein mühevolles Gespräch geführt wird, hat eine 2.Tür, die offen steht. Im Türrahmen wartet Jesus. Zu ihm kann ich immer rennen, mich von ihm trösten und aufbauen lassen.

„Ich fühle mich schutzlos“
Als unsere Kinder klein waren, wohnten wir in einem sehr hellhörigen Wohnblock. Eine Frau über uns beschwerte sich ständig über unseren „Lärm“. Sie führte ein Tagebuch und hielt jeden Schritt, jeden Badbesuch und unsere Aufsteh-Zeiten fest. Die Wohnung war einbruchssicher, aber ich fühlte mich wie in einem Glaskasten auf einem belebten Marktplatz. So oft wie möglich verließen wir das Zuhause und waren auf dem Spielplatz oder bei Freunden.

Wie mag sich erst jemand fühlen, der wirklich das Dach über dem Kopf verliert? Im übertragenen Sinne: Wie mag sich jemand fühlen, dem die sicheren Begleiter durchs Leben weggenommen werden? Die von ihren Partnern und Partnerinnen, ihrer Familie, ihren Freunden getrennt werden?

So mag es dem jungen David gegangen sein, als er in der Wüste vor König Saul auf der Flucht war. Er formulierte nur eine Bitte. Im Haus des Herrn wollte er lebenslang sein. David formuliert nur diese eine Bitte. Das Gotteshaus ist für ihn Schutzburg, hier findet er Kirchenasyl, niemand darf ihn von diesem Ort wegholen.

Er möchte die Schönheit Gottes anschauen. Was kann damit gemeint sein?

  • Schönheit steht für Harmonie. Eine harmonische Landschaft, ein harmonisches Gesicht empfinden wir als schön. Gott steht für Harmonie, für Frieden, für Ausgleich, für Versöhnung. Gott anzuschauen, hilft, lässt das Gute wollen und tun.
  • Schönheit steht für Erhabenheit. Als wir vor einigen Jahren den Petersdom in Rom besichtigten, konnte ich nachfühlen, was Menschen in solchen Gotteshäusern empfinden. Sie werden berührt von der Größe und Macht Gottes. Sie bergen sich in seinem Schutz und wissen sich von seinem Einfluss getragen.
  • Schönheit steht für Überraschung. Wären alle Tage sonnig, würden wir nicht von „schönen“ Tagen sprechen. Es ist die Ausnahme, das Besondere, das uns als schön erscheint. Gott handelt nicht vorhersehbar. Er durchbricht das Alltagsgrau und die schlechten Tagesnachrichten immer wieder. Da geschehen Zeichen und Wunder, da siegt ein Präsidentschaftsbewerber nach vielen Tagen Auszählung und ist Hoffnungsträger für die zukünftigen Herausforderungen unserer Welt.
Lebenslang in der Gemeinschaft mit Jesus zu leben, so übersetze ich die Worte Davids mal, ist nicht an ein Gebäude gebunden. Spürbar wird diese Gemeinschaft besonders in der Gemeinde, wo Glaubende beieinander sind. Dort will sich Jesus erfahrbar machen. 

Die Gemeinschaft ist von uns zu gestalten. Gottes Harmonie schlägt sich in unserem harmonischen Miteinander nieder. Gottes Erhabenheit kommt darin zum Ausdruck, dass wir uns selbst nicht so wichtig nehmen. Gottes überraschendes Handeln können wir erwarten und uns bereithalten, wenn er unsere Gebete erhört.

„Ich bin ganz allein“
Sogar Vater und Mutter haben den Beter dieses Psalms verlassen. Niemand ist mehr da, der ihm helfen kann. Wir spüren David ein tiefes Gefühl von Einsamkeit ab. Diese Einsamkeit kennen wir vielleicht auch. Man muss nicht erst in einsame Bergregionen wie David damals kommen, um sich allein zu fühlen. Das kann mitten in einer großen Menschenmenge oder wuseligen Familie geschehen. Manche Wege können wir nur allein gehen, etwa in Krankheitszeiten, und manche Haltungen oder Ansichten trennen uns von anderen. So erleben wir das ja in Corona-Zeiten hautnah, dass die Haltung gegenüber Schutzmaßnahmen Gründe liefern kann, dass Freundschaften zerbrechen.

Der Beter bekennt: Der Herr steht fest an meiner Seite. Wie er das erlebt? Wie wir das erleben können? Jemand spricht uns zu, dass Jesus uns nicht verlässt. Wir lesen es in der Bibel, wie der Herr die Seinen schützt. Wir bekommen einen tiefen Frieden in unserem Herzen, dass unser Weg mit Jesus übereinstimmt, auch wenn andere uns einreden wollen, dass wir falsch liegen.

„Ich weiß nicht, wie es weitergeht“
Sich Gottes Wegführung anzuvertrauen, ist vielleicht vergleichbar mit dem Fahren nach den Hinweisen eines Navigationsgeräts. Eigentlich klappt das prima, außer wenn zum Beispiel Hochhäuser die Verbindungen zu den Satelliten unterbrechen. So bin ich einmal nachts in der Frankfurter Innenstadt deshalb dreimal im Kreis gefahren, es gab zu wenig aktuelle Ortsinformation für das Navigationsgerät. Ich brauche also einen guten Standort, um Gottes Impulse für die Zukunft empfangen und wahrnehmen zu können.

Und dann heißt es, zu vertrauen und die ersten Schritte mutig zu gehen. Vielleicht enden manche Wege in der Sackgasse. Doch was macht das? Ich werde wieder zurückgeführt und kann meine Richtung ändern. Eine Autobahn immer gerade nach vorne wird das Leben nie sein. 

Der Psalm schließt:
Darum hoffe auf den Herrn! Sei stark und fasse neuen Mut! Setze deine Hoffnung auf den Herrn!“ (Psalm 27,14)
Wir brauchen nicht überfordert, nicht schutzlos, allein oder ohne Zukunft zu leben. Jesus ist und bleibt mit uns unterwegs. „Darum hoffe auf den Herrn!“

Cornelia Trick


Home


Verantwortlich Dr. Ulrich Trick, Email: ulrich@trick-online.de
Internet-Adresse: http://www.predigt-online.de/prewo/prewo_nur_eine_bitte.htm