Die sieben Worte vom Kreuz
Karfreitagsgottesdienst am 25.03.2005

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Jesus lädt uns heute ein, einen Weg mit ihm zurückzulegen. Er ist für uns gestorben und deutet seinen Tod für uns. Er zeigt uns die Bedeutung auf, die sein Sterben für unser ganz persönliches Leben hat. Wir werden angeleitet, nicht über Jesu Tod nachzudenken, sondern ihn selbst zu Wort kommen zu lassen.

Die sieben Worte oder Sätze, die Jesus nach den Evangelien der Bibel am Kreuz sprach, sollen in zeitlicher und inhaltlicher Reihenfolge zu uns sprechen. Illustriert werden sie von Kreuzen, die die Jungschargruppe der Gemeinde gestern mit Gegenständen aus der Natur gestaltete.

Kreuz 1

Die ersten drei Kreuzesworte geben Antwort auf die Frage, für wen Jesus gestorben ist:

  • Für seine Gegner: Vater vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun! (Lukas 23,34)
  • Für die, die zu ihm gehören: Als nun Jesus seine Mutter sah spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! (Johannes 19,26)
  • Für Sünder und Sünderinnen: Wahrlich ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. (Lukas 23,43)
Die weiteren drei Kreuzesworte legen aus, warum Jesus sterben musste:
  • Weil er Sehnsucht nach uns Menschen hat: Mich dürstet. (Johannes 19,28)
  • Weil er für uns die letzte Gottverlassenheit des Todes überwunden hat: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27,46)
  • Weil er sich für die Seinen hingegeben hat: Es ist vollbracht! (Johannes 19,30)
Das siebte Kreuzeswort ist ein Siegesruf und Wegweiser in die Zukunft: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! (Lukas 23,46)

Lukas 23,33-38

Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach:
Vater, vergib ihnen; denn  sie wissen nicht, was sie tun! 
Und  sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum. Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber! Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König.

Jesus bleibt bis zu seiner letzten Stunde seinem Auftrag treu, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Kreuz 2Über dem Kreuzesgeschehen steht die Vergebung Gottes, die besonders den beteiligten Personen gilt, den Obersten des Volkes, den Soldaten und dem Volk selbst. 

Die Obersten hatten Jesus verurteilt, sie waren die politischen und religiösen Anführer. Ihre Angst galt der Rebellion, dem Abgraben ihrer Privilegien, vielleicht sogar einer vermuteten Irrlehre. Weil sie von ihren eigenen Ängsten und Vorstellungen gefangen waren, sahen sie nicht die, dass Gott sie in Jesus selbst besucht hatte. Jesus ruft den Vergebungsruf auch über die aus, die sich heute ähnlich wie die Oberschicht Jerusalems verhalten. Es sind die, die sich von ihren Lieblingsideen nicht abbringen lassen wollen, die auf ihrem Recht beharren und genau zu wissen meinen, wie der Lauf der Welt funktioniert. Sie sind blind für Gottes Eingreifen, seine Nähe, seine Liebe.

Die Soldaten taten ihre Pflicht. Sie konnten nicht heraus aus der Befehlsstruktur des Militärs. Es ging um ihr eigenes Überleben. Doch damit hatten sie ihre eigene Verantwortung abgegeben. Sie wurden ungewollt zu Mittätern, die auf die falsche Obrigkeit gesetzt hatten. Soldaten sind wir hier nicht, die von ihren Vorgesetzten gezwungen werden, Jesus ans Kreuz zu schlagen. Aber die Versuchung, dem Chef mehr zu gehorchen als Gott kennen wir wahrscheinlich auch. Und ob wir im Ernstfall anders handeln würden als die Soldaten, wenn es um das eigene Überleben und das unserer Familien ginge? Wir brauchen Jesu Fürbitte und Eintreten für unsere Schwachheit.

Das Volk sah zu, obwohl sie sich noch wenige Tage zuvor um Jesus scharten. Statt sich mit unter das Kreuz zu stellen, waren sie ohnmächtig. Wie oft stehen auch wir im Volk, sehen zu, wie Unrecht vor Gott geschieht, hören, wie andere unseren Herrn schlecht machen, und handeln nicht. Fürbitte Jesu ist nötig. 

Überwältigt können wir sein, dass Jesus uns nicht fortstößt, sondern für uns betet. Seine Liebe zu uns treibt uns zur Umkehr.

Johannes 19,25-27

Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter:
Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter!
Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Jesus wendet sich dem inneren Kreis zu. Frauen stehen beim Kreuz und der Jünger, den Jesus lieb hatte. Kreuz 3Jesus sprach mit zwei Personen, die ihm in besonderer Liebe verbunden waren, mit seiner Mutter und dem Lieblingsjünger. Er brachte dadurch zeichenhaft zum Ausdruck, wie ihm die Zukunft der Menschen, die mit ihm verbunden waren, wichtig war. Mutter und Jünger vertraute er einander an. Sie waren durch ihn, durch seinen Heimgang zum himmlischen Vater verbunden.

Er ordnete zeichenhaft die Gemeinschaft seiner Gemeinde. Mit ihm als Bindeglied sind wir Brüder und Schwestern, Mütter und Söhne, Väter und Töchter. Seine Liebe, die bis in den Tod für uns reichte, verbindet uns, nicht Blutsverwandtschaft oder andere Bezugspunkte. Wer allein ist, bekommt einen Bruder oder eine Schwester an die Seite gestellt. Diese neue Ordnung stellt eine nachösterliche Herausforderung dar. Wir, die wir uns unter das Kreuz Jesu stellen und Ja sagen zu seinem Tod für uns, werden uns wegen ihm umeinander kümmern und sorgen. Wir können uns in Maria wiedererkennen, wenn wir einen Bruder und eine Schwester brauchen, die uns hilft, oder in dem Lieblingsjünger, der durch Jesu Anweisung Sohn mit Sohnespflichten wurde.

Lukas 23,39-43

Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Und er sprach: Jesus, gedenke an mich,  wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm:
Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

Jesus bat um Vergebung für die Übeltäter. Hier hören wir, welche Reaktionen Jesus hervorrief. Die beiden mitgekreuzigten Männer, vermutlich Zeloten, Kreuz 4die mit Terrorismus Gottes Reich herbeizwingen wollten, gaben zwei unterschiedliche Antworten. Einer beharrte auf seiner Position und konnte nur mit Hochmut auf Jesus reagieren. Er erwartete von einem Gottessohn Wunder. Jesus am Kreuz passte nicht zu seinen Vorstellungen. Der zweite Übeltäter kehrte um. Er erkannte, wer Jesus ist, und erahnte, dass dieser Tod am Kreuz ein Akt äußerster Liebe war. Er nahm dieses Geschehen für sich in Anspruch und bat Jesus um Gnade und Beistand. Jesus antwortete ihm. Er sagte ihm zu, dass er mit dem Mann bis in Ewigkeit verbunden bleiben würde.

Diese Reaktion des Verbrechers ist Schlüssel zum Verständnis des Karfreitags. Jesus ist für die gestorben, die schuldig geworden sind und das erkennen. Er wartet auf unsere Bitte, mit ihm zusammen zu bleiben bis in Ewigkeit.
Von außen betrachtet unterscheidet die beiden Terroristen neben Jesus nichts. Beide sterben am Kreuz. Doch von innen unterscheidet sie alles. Der eine stirbt, weil er durch seine Taten das Leben verwirkt hat, der andere darf leben, weil Jesus seine Schuld auf sich genommen hat und ihm vergeben ist. Worauf kommt es an, auf die Außenansicht eines Lebens, den Grabstein mit den biologischen Daten unseres Lebens oder auf die Innenansicht, dass wir mit Jesus auch durch den Tod hindurch verbunden bleiben und er uns zusagt, mit ihm im Paradies leben zu dürfen? 

Johannes 19,28-29

Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde:
Mich dürstet.
Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und steckten ihn auf ein Ysoprohr und hielten es ihm an den Mund.

In diesem Bildwort vom Durst bringt Jesus seine Sehnsucht nach uns Menschen zum Ausdruck. Seinem Auftrag kommt er auch noch in der Todesstunde nach.Kreuz 5

Und unser Durst nach ihm? Haben wir diese Sehnsucht nach der Gemeinschaft mit Jesus, Sehnsucht nach Vergebung, Sehnsucht nach Heilung? Jesus erträgt unsere Sehnsucht stellvertretend. Er hängt an unserer Stelle am Kreuz, um unseren Durst zu stillen. Sehnsucht nach Leben, Heilung und Gemeinschaft wird bei ihm gestillt. Unser Ja zu ihm lässt uns erfahren, dass er unserem Leben Stand und Mitte gibt, die Suche nach Rettung kommt bei ihm zur Ruhe. 

Die Menschen antworteten auf Jesu Ruf mit Essig, den sie ihm mit einem Ysoprohr reichten. Essig und Ysop wurden zu Bildern für Jesu Sterben. Wie der alttestamentliche Gerechte im Psalm seinen Durst beschrieb, der von seinen Feinden mit Essig gestillt wurde, so bezieht sich Jesus auf den Gerechten, der er selbst ist. Wie bei der Passaliturgie das Haus mit einem Ysoprohr, getränkt mit Blut des Passalamms, bestrichen wurde zur Entsühnung, so ist Jesu Blut für uns vergossen. Er ist das Lamm, das sein Leben gab, um uns frei zu machen für Gott.

Matthäus 27,45-46

Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut:
Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt:  Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Der Zeitpunkt der tiefsten Erniedrigung ist erreicht. Jesus ist bis in die letzten Abgründe des Todes den Weg des Menschen gegangen. Er ist Gott nicht mehr gewiss. Kreuz 6Der Tod ist ein garstiger Graben. Er bedeutet Abbruch, nichts trägt natürlicherweise über diesen Graben hinweg. Jesus spricht Worte der Gebetssprache Israels aus Psalm 22. Er ist sich Gottes nicht mehr sicher und betet doch zu Gott.

Seine verzweifelten Worte gewinnen Tiefe in der Rückschau. Gott hat ihn nicht verlassen. Er hat ihn im Graben des Todes nicht liegen lassen. Er hat ihn auferweckt und damit eine Brücke geschlagen über das Tal des Todes. Wer sich auf Jesus verlässt, wer sich am Kreuz festhält, wird über den Graben getragen und darf mit Jesus in der neuen Welt Gottes leben. 

Nur Matthäus und Markus berichteten diese Worte Jesu und ließen ihnen keine weiteren folgen. Für sie war klar, Gott hat seine Gegenwart durch die Auferweckung erwiesen. Ohne den Ostermorgen bleibt der Karfreitag ein Todestag ohne Hoffnung.

Johannes 19,30b

Jesus sprach:
Es ist vollbracht!

Jesus hat sein Werk vollendet. Er hat Gott den Menschen nahe gebracht, seine Jünger und Jüngerinnen haben sein Heil angenommen, sich auf den Weg gemacht, Jesus zu folgen. Nun hat er sein Leben hingegeben. Wer an Jesus glaubt, wird von Gott nicht mehr getrennt sein.

Das hat Auswirkungen. Kreuz 7Wer Jesu Hingabe erfahren hat, wird selbst hingebungsvoll leben, andere mit Jesu Liebe werben und in seinem Auftrag versuchen Menschen zu retten.

Lukas 23,44-46

Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde und die Sonne verlor ihren Schein, und der  Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. Und Jesus rief laut:
Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!
Und als er das gesagt hatte, verschied er.

Jesu Tod bringt die Elemente der Welt in Aufruhr. Die Sonne verfinstert sich, der Vorhang im Tempel reißt. Das ganze Universum ist eingebunden in die Umwälzung Gottes, er schafft einen neuen freien Zugang.

Er kommt in Jesus den Menschen entgegen. Er schenkt seinen Heiligen Geist nicht nur den besonderen Geistträgern, sondern allen, die an ihn glauben. So wird das Evangelium bald die ganze Welt erreichen. Der Tod des einen am Kreuz ist Ursache für die Rettung der Welt und neues Leben in der Gemeinschaft mit Gott.

Johannes 3,16

Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Cornelia Trick


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